Bodensee
Seit einigen Jahren fahren einige von uns im Winter zum Bodensee. Immer dabei sind Stefan, Andy und Manfred. Die berechtigte Frage, warum wir im Winter fahren ist schnell beantwortet: erstens ist dann die Sicht exzellent ( bis max. 30 m!!), zweitens sind kaum Touristen dort, drittens kann man im Winterhalbjahr vom Ufer aus tauchen und ist somit relativ unabhängig von Booten, Zeiten etc. Ausserdem sind die Preise zivil. Der Nachteil ist das unkalkulierbare Wetter und die Wassertemperatur von max. 6°C im oberen Bereich; unten ist's ja auch im Sommer mit 4°C recht frisch.
Aus diesem Grund fahren auch nur Trockentaucher mit. Und wie man an der Beschreibung der Tauchplätze sieht, ist auch einige Erfahrung und technische Ausrüstung notwendig um hier erlebnisreiche Tauchgänge unternehmen zu können.
Untergebracht sind wir immer bei Oliver Mielke und seiner Angetrauten Anne. Die Beiden haben eine Taucherpension in Meersburg.
Zweckmäßige Zimmer, gutes Frühstück, Trockenraum, Kompressor und ein herzliches Verhältnis nach mittlerweile 6 Jahren führen uns immer wieder dort hin. Zudem sind Beide bemüht, uns auch mal was Besonderes zu bieten. Strömungstauchen im Rhein oder ein Besuch der alten Dame „Jura“, die seit 1864 auf Schweizer Seite in 38 m Tiefe liegt.
Meist düsen wir freitags in aller Frühe los. Diesmal haben wir einen Tag verlängert. Donnerstags gegen Mittag hatten wir alles verpackt und um 11:00 Uhr ging's Richtung Süden. 700 km muss man zurück legen, egal ob über Memmigen oder Heilbronn. Also ist mit 8-9 Std. Fahrt zu rechnen. Da wir diesmal so spät loskamen ( woran lag´s? ) war natürlich an diesem Tag kein Tauchgang mehr geplant. Nach Auspacken und Zimmerbelegung wurde in der „Sonnenhalde“ bei Nico erst mal köstlich nach Österreichischem Rezept gefuttert.
Die nächsten Tage sind mit 2 Tauchgängen pro Tag ausgefüllt. Am letzten Tag wird nach dem morgendlichen Tauchgang die Rückreise angetreten. Meist sind wir dann gegen 21:00 zurück. So sieht die grobe Planung jedes Mal aus.
Der geplante Jura-Tauchgang soll am Samstag Mittag stattfinden. Also können wir Morgens nicht zu spät und nicht zu tief tauchen. Die Wahl fällt auf den „Wilden Mann“. Um 7:00 Uhr aufstehen tut schon weh... aber wir wollen eine ausreichend lange Oberflächenpause zum Juratauchgang einhalten. Und eine Maximaltiefe von 18 m bei diesen Sichtweiten und Steilwänden grenzt schon an Masochismus. Aber wenn die „Jura“ lockt......
Um 12:00 Uhr sind die Nitroxgeräte montiert, gemessen und verpackt. In 20 Minuten fährt die Fähre nach Konstanz ab. Anne fährt mit ihrem Jeep vor, damit wir den Weg in den Hafen von Bottighofen finden. Sie wartet noch bis Hans kommt. Hans ( siehe Bild ) ist ein älterer Schweizer, der 1976 die Jura nach über 70 Tauchgängen entdeckt hatte. Am 12 Feb. 1873 rammte der Schaufelraddampfer einen anderen im Nebel auf der Fahrt nach Romanshorn. Die Jura ging schnell unter und liegt heute noch gut erhalten aufrecht auf 38 m tiefem Grund.
8 Minuten dauert die Fahrt und Hans erzählt gerne über alle Details der alten Dame. Z.B. dass ihr Schornstein mit Seilen und Kanistern stabilisiert werden muss, damit er nicht umfällt. Ansonsten hat die Kälte das Holzschiff sehr gut konserviert.
Weitere und genauere Beschreibungen der Tauchplätze siehe weiter unten.
Leider geht die Zeit zu schnell vorbei, wie immer! Aber vielleicht liegt darin der Reiz, dass wir aufhören müssen, wenn's am meisten Spass macht. Deshalb freuen wir uns schon jetzt auf den nächsten Trip!!
Bevor ich die Tauchplätze beschreibe, ein paar Worte zu den Voraussetzungen.
Im Winterhalbjahr ist ein Trockenanzug Pflicht. Gut, kalt ist es bei uns auch, wir machen aber 2 Tauchgänge am Tag ohne in die Unterkunft zurück zu fahren; da wird bei einem Nassanzug der zweite Tauchgang zur Qual. Da es auch im Flachwasserbereich meist 4-5°C kalt ist, fehlt die Aufwärmmöglichkeit auf 3 m. Stefan und ich tauchen seit 2 Jahren mit Argonfüllung im Trockenanzug. Seit diesem Jahr haben alle Mann Trockenhandschuhe. Die beste Investition seit Jahren. Lampe ist Pflicht. Auch wenn man Tage erlebt, an denen es auf 40 m glockenhell ist, kann man sich doch in dieser Jahreszeit nicht auf eine ständige Beleuchtung der Sonne verlassen. Zudem ist es an Steilwänden ohne Grundsicht doch recht dunkel. Es gibt im Bodensee tolle Flachwasserbereiche. Die sind im Winter aber recht öde. Erfahrung mit Steilwandtauchen sollte man haben. Ebenso mit Dekotauchgängen. Die Schifffahrt ist zwar eingeschränkt, Vorsicht ist trotzdem angebracht. Vor allem im Bereich der Fähre in Meersburg. Strenges Tauchen in Wandnähe und ein Verbot des Freiwasseraufstiegs ist zu beachten. Kompass immer zur Wand einstellen, damit man bei Orientierungsverlust zur Wand zurück findet und nicht Richtung Freiwasser schwimmt. Das ist hinter der Selbstüberschätzung die häufigste Ursache der Unfälle im Bodensee.
Bei Tauchgängen im Seerhein bei Konstanz muss eine Boje mitgeführt werden. Da die Rheintauchgänge reine Drifttauchgänge sind, sollten alle Eigenheiten des Strömungs- und Drifttauchens beherrscht werden.
Die Beschreibung und Beurteilung der Tauchgebiete erfolgt auf rein subjektiver Basis. Und nur deren, wo wir schon waren. Hörensagen gilt nicht!
Meersburg
„Eisenbahnfähre“
Nur im Winter möglich. Einstieg über Treppe am Kiosk. Fällt schnell auf ca. 15 m ab, dann Halde bis 28 m. Mehrere Autos, die von der Fähre gefallen sind liegen im Bereich 18 – 26 m. Fast immer große Krebse zu sehen. Nächste Tiefenstufe bis ca 35 m. Dann wieder Halde. So geht es in 5-10 m-Schritten weiter.,,Wilder Mann“ und „Barcarole“
Nur im Winter möglich. Parkplatz am gleichnamigen Hotel. Vorher fragen, ob Parken erlaubt ist. Einstieg über Treppe.Abbruchkante ist gut zu sehen. Fällt auf ca. 15 m ab. Nach rechts viele Dinge, die „entsorgt“ wurden: Stühle, Tische, Blumenkästen, Palmen etc. Über und über mit Muscheln und Schwämmen bewachsen. Diese Halde geht bis ca. 20 m. Wenn man bis zur Boje taucht ( oder an der Oberfläche schnorchelt und dort abtaucht ) wird die Wand immer steiler bis die Halde dann völlig fehlt. Die sich anschließende Steilwand endet in unerreichbaren Tiefen. Dies nennt man den Tauchplatz „Barcarole“
( Name des runden Cafés am Ufer ).
Überlingen
„Postgarage“
Nur im Winter möglich. Parken in der Postgarage an der Promenade, möglichst untere Parkebene. Auf Einfahrthöhe achten. Einstieg an der Promenade links des Mantelhafens. Nur nach links Tauchen. Halde bis ca. 18 m. Auch im Winter interessant, da einige Pfahlbauten und Anlegepoller zu sehen sind. Ebenso Wohlstandsmüll. Eine gewaltige Steilwand mit Überhängen bis ca. 45 m schließt sich an. Seesaiblinge, Krebse, Aalrutten, Muscheln und Schwämme. Am Fuß der Wand geht die Halde sehr steil weiter abwärts.„Baumarkt“
Parken am Strassenrand zwischen den Bäumen, auf dem Parkplatz der Tauchstation oder des Baustoffhandels ( fragen ). Man muss sich an einem Seil an der Promenade abseilen um ans Wasser zu kommen ( Vorsicht! Tieffliegende Flossen! ). Hängt kein Seil da und hat man keines dabei: anderen Platz suchen. Schade, wäre sonst ein Super-Tauchgang geworden. Die Bruchkante sieht man von der Strasse schon. Teilweise rechtwinklig! Fällt senkrecht bis ca 30 m ab. Überhänge und kleine Höhlen ( nicht betauchbar ). Dort Riesenaale im Sand!Taucht man nach rechts, wird's flacher, nach links bleibt es bei ca 35 m. Lange schräge Sandhalde schließt sich an. Dort nicht zu sehen. Interessant ist die Wand.
„Campingplatz“
Am Baumarkt 200m weiter. Eintritt 12.-DM. Ähnlich „Baumarkt“ aber nicht so imposant. Sehr gut die Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten. Füllstation und Café.Sipplingen
Am Bahnhof/ Hafen. Einstieg recht gut. Sandhalde bis 30 m. Interessant im Flachen. Kleines Boot. Holzgestelle.Konstanz
„Seerhein“
So nennt man die Verbindung zwischen Bodensee und seines südlichen Ausläufers, des Untersees. Einstieg und Ausstieg werden nicht beschrieben, weil keiner auf die Idee kommen soll, dort ohne Aufsicht und Anwesenheit eines Ortskundigen zu Tauchen. Vorsicht Schifffahrt!!! Boje unbedingt mitführen. Tiefe bei niedrigem Wasserstand überraschende 13 m. Boden glatt wie ´ne Badewanne. Einfach treiben lassen und nach 30 Min. zu Ufer driften lassen ( Kompass ). Ausstieg matschig. Der Tauchgang hat was. Nur in Anwesenheit eines Tauchbasenmitgliedes durchführen.Bottighofen ( Schweiz )
„Jura“
Der Knaller!! Ein 46m langer Schaufelraddampfer, der am 12.Februar.1864 im dichten Nebel in schneller Fahrt von einem anderen Dampfer gerammt wurde und ziemlich schnell versank. Im September 1976 von Hans Gruber nach über 70 Tauchgängen wieder entdeckt, ist der in 38 m Tiefe aufrecht stehende, sehr gut erhaltene Dampfer heute DIE Wracktauchattraktion im Bodensee. Vielleicht im Süsswasser überhaupt.Tauchen nur mit dem Boot möglich. Fahrt vom Bottighofener Hafen ca. 8 Minuten. Es fahren mehrere Tauchbasen hin. Wir buchen über unsere Basis bei Hans, dem Entdecker der „Jura“. Da hat nicht nur der Tauchgang eine unvergleichliche Atmosphäre. Gerne erzählt er auf der kurzen Fahrt von „seiner Jura“. Er hat auch eine bombensichere Orientierung. Wenn er sagt, dass der Anker mittschiffs auf der Backbordseite liegt, dann liegt er auch da!
Eine gute Tauchgangsplanung ist Voraussetzung. Ebenso Erfahrung im freien Ab- und Aufstieg. Es ist nicht jedermanns Sache, sich im Freiwasser auf fast 40 m absacken zu lassen. Zumal es ziemlich dunkel wird.
Wie letztes Mal kommen wir an der Backbordseite an.
Der Weg führt uns ums Heck an den leeren Davits vorbei,
über die Back zur Steuerbordseite, die im vorderen Teil vor den Schaufelrädern durch die Havarie sehr beschädigt ist.[/image]
Der Bug ist ziemlich weit im Schlamm eingesackt, die schönen Schnitzereien sind aber noch gut zu erkennen[/image].
Mittschiffs ist die 2-Zylindermaschine zu erkennen. Ebenso der Abgang Unterdeck. Leider haben einige Gruppen vor uns zuviel Schwebstoffe aufgewirbelt, so dass wir eine innere Erkundung auf nächstes Mal verschieben.
Im vorderen Bereich des Schaufelradkastens befinden sich 2 Plumpsklo´s. Wie frisch gefallener Schnee liegt das Sediment.
Gut zu erkennen die Schaufelräder, sowohl von Außenbords als auch aus dem Bereich der Maschine mit der Antriebswelle.
An der Außenseite des Backbord-Schaufelradkastens hat Hans die Buchstaben JURA restauriert und nun glänzen sie wieder. Auf der Steuerbordseite sieht man nur die verrosteten Reste der Originalbeschriftung.
Nach 22 Minuten müssen wir den Aufstieg einleiten. Da ich beim fotografieren mehr Luft als sonst brauche, bin ich zeitbegrenzend. Sonst hätten wir mit Nitrox 30 noch 5 Minuten bleiben können. Wir bringen unsere 2 Minuten auf 3 m hinter uns und erwarten die Lufttaucher, die noch etwas länger auf Deko hängen müssen.
Michael G. hat die „Jura“ zum ersten Mal betaucht und ist ebenso begeistert wie Stefan, Andy und ich, die zum zweiten Mal unten waren.
Wir sind uns einig: das alte Mädchen hat das gewisse Etwas!