Mini-Krise und Guinness-Buch: Jetzt spricht der Kapitän


Philipp Hodek TSG Emmerthal III Saison 2012-13Philipp Hodek bewirbt sich für einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde: Der Co-Trainer und Co-Trainer der 3. Herren der TSG Emmerthal gibt die wohl längsten Antworten, die weltweit je in einem Interview über die 3. Kreisklasse erschienen sind. Der Noch-29-Jährige blickt in die Glaskugel und spricht - teils augenzwinkernd und mit einer Prise Parodie - über die Mini-Krise der grün-weiß Gestreiften, die außergewöhnliche Fankultur an der Emmer, Mannschaftsgeist, Aufbruchstimmung, taktische Weisheiten und vieles, vieles mehr. Viel Spaß beim Lesen – nehmt Euch Zeit!

Kapitano, ein Punkt aus den ersten beiden Spielen: Ist das nicht ein bisschen zu wenig?
Hodek: „Mit Sicherheit! Natürlich könnte man jetzt viel rumdiskutieren, woran diese magere Ausbeute liegt und nach ein paar Entschuldungen suchen – letztlich spielen die Umstände aber keine Rolle. Ein Punkt ist schlichtweg blamabel und kann niemanden wirklich zufriedenstellen. Noch keinen Dreier nach zwei Spieltagen auf dem Konto zu haben ist kein Weltuntergang, aber jeder Einzelne von uns hat wesentlich höhere Ansprüche an sich selbst und das Team als Ganzes. Jemals nur einen Punkt zu haben stand für uns eigentlich nie zur Debatte. Wir wollten generell jedes Spiel gewinnen und haben somit nur in Dreierschritten vor der Saison gedacht.“

Gegen Lüntorf hat die Dritte gleich richtig gute Ansätze gezeigt. In Löwensen war der Wurm drin. Wie kam`s?
„Das ist ehrlich gesagt recht einfach zu beantworten. Gegen Löwensen hat die im Spiel zuvor vorhandene Leidenschaft, die Freude, dass die Saison endlich losgeht, gefehlt. Die richtige Einstellung war von Anfang an nicht vorhanden und wir haben (wie schon in den Testspielen zuvor) die ersten 20 Minuten vollkommen verpennt. Anders als gegen Lüntorf, wo wir uns dann gefangen, unzählige Chancen herausgespielt und teilweise tollen Kombinationsfußball gezeigt haben, haben uns diesmal die ersten Minuten beinahe schon das Genick gebrochen. Das Selbstvertrauen hat sich dadurch etwas verabschiedet und wir konnten unser Potential nicht zur Entfaltung bringen. Mitte der zweiten Halbzeit haben wir es zwar wieder gefunden und hätten zwischenzeitlich sogar noch in Führung gehen können. Verdient wäre das ganz ehrlich aber nicht gewesen. Dafür war die Leistung am vergangenen Mittwoch einfach zu schlecht, die individuellen Fehler zu häufig, die Lücken im Mittelfeld zu groß und vor allem die Konzentration ab der ersten Minute nicht vorhanden. Da muss sich jeder Einzelne auch mal Fragen, wo er mit seinen Gedanken war – außer mit fast gänzlicher geistiger Umnachtung ist eine so haarsträubende Spielanlage nicht zu erklären. Die Spieler sollten nicht die Augen davor verschließen, wie indiskutabel ihre abgelieferte Leistung war. Sie müssen sich mal vorstellen, dass unsere Fans teilweise Fahrgemeinschaften bilden, den Jutesack schnüren und dann so ein Spiel geboten bekommen – kein Wunder, wenn die dann anfangen am Spielfeldrand einen zu heben.“

In Löwensen war die Mannschaft nach dem späten Gegentor zum 2:3 mächtig geknickt. Wie ist die Stimmung jetzt?
„Die Stimmung ist super! Für Außenstehende ist das vielleicht schwierig nachzuvollziehen, wenn eine Mannschaft angesichts der vergangenen Leistungen relativ schnell wieder guten Mutes war. Wie gesagt darf keiner einfach über die gemachten Fehler hinweg gehen und tun als ob nichts gewesen ist, aber den „Sand in den Kopf“ zu stecken ist auch keine Lösung. Wir haben das Spiel gegen Löwensen analysiert und festgestellt, dass der Schiedsrichter der Anfang allen Übels war. Durch seine recht merkwürdigen Entscheidungen und teils sehr hektischen Bewegungen hat er insbesondere unsere jüngeren Spieler derart verunsichert, dass ihre Konzentration innerhalb von Sekunden dahin war und letztlich alle Spieler angesteckt hat. Generell sind wir von unseren Qualitäten überzeugt und die Stimmung in diesem neu zusammengewürfelten Teams ist sowieso seit dem ersten gemeinsamen Training überragend. Wie gesagt waren wir natürlich anfänglich geknickt – den Frust haben wir allerdings noch in Löwensen raus gelassen und in den Katakomben die Aggressivität an den Tag gelegt, die uns im Spiel abging. Drüber hinaus haben einige Spieler ein spezielles mentales Training absolviert. Durch das visuelle Studium der „The Expendables“-Filme haben sie am spielfreien Samstag ihre Gefühlswelt etwas desensibilisiert und sich zugleich die nötige Härte für die bevorstehenden Aufgaben geholt.“

Trainer Matthias Koch geriet nach der Niederlage in die Kritik, sein 3-5-2-System sei nicht mehr zeitgemäß. Muss sich taktisch was ändern?
„Die Kritik am Trainer hat nichts mit dem Ergebnis oder seiner taktischen Ausrichtung zu tun, sondern einzig und allein mit ihm als Menschen, seiner Persönlichkeit und seinen Verhaltensweisen. Fachlich ist er ein Experte, menschlicher ein Arsch. Mehr möchte ich dazu auch nicht sagen. Eines möchte ich vorwegstellen – innerhalb der Mannschaft ist zu keinem Zeitpunkt Kritik am Trainer aufgekommen. Und was von anderen Leuten an die Mannschaft herangetragen wird, ist ungeheuerlich. Natürlich kann jeder Fan seine Meinung haben und wir haben auch Verständnis für die herrschende Unzufriedenheit, aber was da teilweise passiert, dass der Trainer bespuckt wird - das geht eindeutig zu weit. Generell steht das Spielsystem nicht in der Kritik – allerdings müssen wir variabler sein und zukünftig situativ über eine etwas andere taktische Ausrichtung nachdenken. Aufgrund des nicht immer gleichen zur Verfügung stehenden Personals müssen wir mehr als ein System in der Hinterhand haben. Das 3-5-2-System war im Spiel gegen Löwensen - in Abhängigkeit von den elf Spielern auf dem Platz – eventuell nicht die beste Wahl. Dies wurde sicherlich innerhalb der Mannschaft lebhaft diskutiert – Kritik am Trainer und an der generellen Spielausrichtung kam jedoch zu keinem Zeitpunkt auf.  Schlimm finde ich allerdings, dass dies scheinbar nach außen getragen wurde und so eine sachlich geführte teaminterne Besprechung als Grundlage für Gerüchte dienen kann. Das wir auch noch ein Nachspiel geben – Maulwürfe dulden wir keinesfalls und müssen zum Schweigen gebracht werden.“

Mit Sascha Kranich hat der Doppeltorschütze des ersten Spiels zuletzt gefehlt –genauso wie Dominic Bredlau im Zentrum und Roddy Quartey als Libero. Wie können solche Ausfälle künftig kompensiert werden?
„Sascha Kranich mit seiner teils schon übertrieben Schussfreude – und Schussgewalt, Bretze „Bulle“ Bredlau mit seiner Spielintelligenz und Roddy Quartey als Taktgeber sind mit Sicherheit -Eins zu Eins- nur schwer zu kompensieren. Die genannten Spieler waren die Garanten für den guten Auftritt im ersten Spiel – doch eigentlich darf es unser Spiel nicht sonderlich gefährden, wenn sie mal ausfallen. Immer wieder werden uns zentrale Spieler durch Verletzungen, berufliche Abwesenheit oder aufgrund von privaten Gründen fehlen - doch der Kader ist gut genug aufgestellt, um dies in der Regel kompensieren zu können und auch wollen. Nicht ohne Grund herrscht bei uns das Rotationsprinzip. Dass dies nicht funktioniert hat, liegt einzig daran, dass die anstatt dessen Spielenden nicht ihre Leistung abgerufen und wir das Spielsystem nicht an den Stärken der jeweiligen Spieler ausgerichtet haben. Zudem war es diesmal eine besondere Situation, da neben den genannte weitere zentrale Spieler wie Schnotze Schnorfeil ausgefallen sind, dessen Art sich wie ein Terrier an die Fersen sein Gegner zu heften der Mannschaft ohne Zweifel äußerst gut getan hätte.

Du selbst hast eine starke Vorbereitung absolviert, warst in den Punktspielen bislang aber nur Zuschauer. Wann dürfen die TSG-Fans Philipp Hodek wieder auf dem Rasen zujubeln?
„Eigentlich sollte es ja noch etwas länger ein Geheimnis bleiben, aber wenn Sie es unbedingt wissen möchten. Ich kann Ihnen heute exklusiv verkünden, dass ich gegen Hemeringen wieder in der Startelf stehe werde. Ich bin zwar noch nicht wieder zu 100 Prozent beschwerdefrei, denke aber, dass ich die Mannschaft auch so ein Stück nach vorne bringen und dem Spiel etwas von dem verloren gegangenen Glanz zurückgeben werde. Also wenn der Trainer zu seinem Versprechen – dass ich mich immer selbst aufstellen kann, wenn ich mich nur fit genug fühle – steht, feiere ich am kommenden Freitag meine Premiere und gebe den Zuschauern hoffentlich einen Anlass zum Jubeln.“

Am Freitag stellt sich der VfB Hemeringen III um 18:30 Uhr auf der Bezirkssportanlage vor. Wie groß steht das Team mental unter Druck?
„Ein gewisser Druck ist mit Sicherheit zu spüren. Ein Punkt, sie merken ich bin immer noch fassungslos, ist schlichtweg zu wenig. Wir stehen jetzt ein bisschen unter Zugzwang, aber wirklich Sorgen mache ich mir nicht. Der mentale Druck, der auf uns lastet, ist nicht der Druck, der sich durch die mangelnde Punktausbeute ergibt, sondern einer, den wir uns selbst aufgebaut haben. Diesen müssen schnellstmöglich ablegen. Wir dürfen uns selbst nicht zu sehr unter Druck setzten und glauben, dass wir jede Situation perfekt und mit Raffinesse lösen können. Das war das grundlegende Problem gegen Löwensen (neben dem Schiri)  – nicht der Gegner hat uns geschlagen, sondern wir uns selbst. Mal im Ernst – Fußball ist nun mal kein Sport für labile Persönlichkeiten.“

Warum bist Du Dir so sicher, dass die Dritte im dritten Spiel den ersten Dreier einfährt?
„Aufgrund des Dreiklangs aus Qualität, Erfahrung und dem Willen, den ersten Dreier der Saison einfahren zu wollen. Ich denke, dass wir in Zukunft die Spiele von der ersten Minute seriös angehen werden. Denn nur weil wir keinen mentalen Druck verspüren, heißt das nicht, dass wir nicht aus den Fehlern gelernt haben. Darüber hinaus werden einerseits einige Spieler neu in die Mannschaft rücken, die heiß darauf sind, sich einen Stammplatz zu erkämpfen. Auf der anderen Seite haben im letzten Training wieder alle voll reingehauen. Hervorzuheben wäre da beispielsweise Elmas Ekrem der nur so vor Spielfreude und -intelligenz gesprüht hat. Ich bin mir sicher, dass er dies auch am Freitag zeigen wird. Außerdem hat der Trainer ein paar neue Elemente in das Training eingebaut, huihuihui. Wenn es uns gelingt dies ins nächste Punktspiel zu transferieren – dann aber gute Nacht VfB Hemeringen – dann wird’s zappenduster.“

Das Team ist neu gegründet, trainiert seit Mitte Juni. Ist bereits ein „Mannschaftsgeist“ zu spüren?
„Der Mannschaftsgeist ist der Wahnsinn. Das harte Trainingslager und die Waldläufe haben uns zusammengeschweißt. Die Beach-Soccer-Einheiten, die taten ihr Übriges. Zudem kennen sich die meisten Spieler auch privat schon seit Jahren. Bei unseren Neulingen und der kompensatorischen Zusammenstellung des Teams wurde enorm großer wert auf den Charakter der Spieler gelegt und das zahlt sich jetzt aus. Die positive Grundhaltung innerhalb der Mannschaft lässt sich wunderbar an unserer Nummer zehn – Basti Kessenhagen - darstellen. Früher für seinen rauen Umgangston während des Spiels von den eigenen Mitspielern gefürchtet, verkneift er sich heute fast schon zu oft jedwedes negative Kommentar während der 90 Minuten oder schreit es zumindest so leise in sich hinein, dass es keiner mitbekommt. Stattdessen bald er zwar im Spiel immer noch mal kurz die Faust, findet dann aber für jeden ein paar positive aufmunternde Worte oder sucht das konstruktive Gespräch auf dem Platz. Nach dem Training steht den anderen als persönlicher Fitnesscoach zur Verfügung und hat die Spider-Liegestütze als teambildende Maßnahme eingeführt. Ach und die Mannschaftsfahrt steht ist auch schon in Planung – 20er Zimmer versteht sich.“

Werfen wir einen Blick in die Glaskugel. Wo stehen die grün-weiß Gestreiften am Saison-Ende?
„Wenn meine Glaskugel nicht getrübt ist, sicherlich unter den ersten Drei. Ich bezweifle, dass der etwas misslungene Saison-Auftakt mehr als nur ein Ausrutscher in einem hoffentlich bald endenden Findungsprozess war. Die Qualität jedes Einzelnen steht außer Frage, der Teamgeist ist wie bereits erwähnt exzellent – schon bald wird beides auch auf dem Platz sichtbar werden und sich zusammenfügen. Auch wenn jeder durch die ersten beiden Spiele gewarnt sein muss, glaube ich fest daran, dass wir die meisten Gegner spielerisch dominieren und wir eine äußerst positive Serie hinlegen werden. Freitag steht allerdings einzig und allein der erste Heimsieg im Raum – egal wie!“
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